Weitere Projekte für die Patientensicherheit
Der Praxisbezug und die wissenschaftliche Abstützung und Evaluation von Aktivitäten, Lösungsansätzen, Handlungsempfehlungen und Instrumenten sind uns wichtig. Unser Schwerpunkt liegt auf praxisbezogener Forschung und Evaluation. Hier eine Übersicht über abgeschlossene Projekte.
Medikationsfehler in der Onkologie
Zwischenfälle in der Chemotherapie haben oft besonders schwerwiegende Konsequenzen. Chemotherapeutische Behandlungen sind sehr komplex, individuell, und die Arzneimittel besitzen einen schmalen therapeutischen Korridor.
Wertvolle Beteiligung der Patienten
Patienten leisten oft einen wertvollen Beitrag beim Erkennen und Verhindern von Fehlern. Allerdings fehlen ihnen häufig notwendige Informationen über wichtige Merkmale ihrer Behandlung und ihr Eingreifen bei Zwischenfällen beruht häufig auf «glücklichen Zufällen». Zudem ist die Kommunikation zwischen Patienten und Leistungserbringern über Fragen der Sicherheit für beide Seiten eine Herausforderung. Zentrale Frage dieser Studie war, ob sich Patienten selber an der Feststellung und Vermeidung von Fehlern beteiligen wollen und können. Gegenstand der Studie ist, die Machbarkeit der Beteiligung von Patienten an der Vermeidung von Medikationsfehlern in der chemotherapeutischen Behandlung zu prüfen.
Qualitative und quantitative Befragungen von Patienten und Mitarbeitern
Hierzu wurden umfangreiche qualitative und quantitative Befragungen von Patienten und Mitarbeitern, die an der chemotherapeutischen Behandlung beteiligt sind, durchgeführt. Basierend auf der «Theorie geplanten Verhaltens» wurde ein Modell entwickelt, welches abbildet, welche Faktoren erklären können, ob Patienten sich an der Fehlervermeidung aktiv engagieren. Die Studie wurde von Oncosuisse finanziert.
- Präsentation: «Medikationsfehler in der Onkologie - Patienten als wachsame Partner?»
- Predictors of chemotherapy patients' intentions to engage in medical error prevention
- Chemotherapy patients' perceptions of drug administration safety
- Am I (un)safe here? Chemotherapy patients’ perspectives towards engaging in their safety
- Oncology nurses’ perceptions about involving patients in the prevention of chemotherapy administration errors
- Medication errors in chemotherapy: Incidence, types, and involvement of patients in prevention. A literature review
- Fachartikel: Patientensicherheit in der Chemotherapie
- Fachartikel: Prävention von Administrationsfehlern in der Chemotherapie – Welchen Beitrag können Patienten leisten?
Patientensicherheit aus Patientensicht
Die Bewertung der Patientensicherheit erfährt eine zunehmende Bedeutung. Neben expertenorientierten Ansätzen wie dem CIRS ist dafür die Wahrnehmung der Patienten selbst eine wichtige Facette. Patienten sind in der Lage, relevante Aspekte der Patientensicherheit einzuschätzen. Die Stiftung hat sich deshalb auch dieser Perspektive angenommen und dazu das Benchmarking-Pilotprojekt «Patientensicherheit aus Patientensicht» durchgeführt. Ziel war es, einen bereits validierten Fragebogen zur Erfassung sicherheitsrelevanter Zwischenfälle während der Hospitalisation im Akutspital anzuwenden und zu testen. Die Datenerhebung lieferte wichtige Erkenntnisse und konkrete Ansatzpunkte für Verbesserungsmassnahmen in den Spitälern. Das Projekt wurde durch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) finanziert.
Frühwarnsystem
Mit einem Frühwarnsystem können Patienten mit sich kritisch verschlechterndem Gesundheitszustand auf einer peripheren Bettenstation frühzeitig erkannt und rasch behandelt werden.
Das von der Stiftung Patientensicherheit Schweiz durchgeführte Praxisprojekt zielte auf den Transfer eines validierten Instruments zur Früherkennung in den lokalen Kontext eines Schweizer Spitals und den dafür erforderlichen Anpassungen und Erfahrungen ab. Es beinhaltete die Durchführung von drei aufeinander folgenden Projektphasen um die Ergebnisse und Erfahrungen in die Entwicklung von Empfehlungen zur systematischen Anwendung eines Frühwarnsystems einfliessen zu lassen:
- Modul 1: schriftliche Befragung der Chefärzte medizinischer und chirurgischer Kliniken aller Schweizer Spitäler in Bezug auf ihre Einstellungen und Haltungen gegenüber Instrumenten zur Früherkennung sich unbemerkt nverschlechternder Patienten auf Bettenstationen
- Modul 2: Praxistest in einem Schweizer Spital: systematische Anwendung eines validierten Instruments zur Früherkennung
- Modul 3: Durchführung von Fokusgruppen-Interviews über die Erfahrungen bei der Implementierung und systematischen Anwendung des ausgewählten Instruments zur Früherkennung
- Modul 4: Entwicklung von Empfehlungen für die Implementierung und systematische Anwendung eines Frühwarnsystems für akutstationäre Einrichtungen in der Gesundheitsversorgung der Schweiz
Die neu gewonnenen Ergebnisse aus der jeweiligen Projektphase bildeten die Grundlage für die Entwicklung von Empfehlungen zur Einführung und systematischen Anwendung von Frühwarnsystemen (Modul 4). Zudem wurde bei der Entwicklung die Fachexpertise verschiedener Experten berücksichtigt, welche über Know-how in der Thematik von Frühwarnsystemen und über Praxiserfahrungen verfügen.
CleanCare
Nosokomiale – also im Spital erworbene – Infektionen sind ein grosses Sicherheitsproblem. Gemäss Schätzungen von Schweizer Infektiologen sterben hierzulande deswegen jährlich zirka 2‘000 Menschen. Aufgrund der hohen Relevanz für die Patientensicherheit hat die Stiftung Patientensicherheit die Zusammenarbeit mit dem Händehygiene-Projekt von Swissnoso gesucht, die laufende Händehygienekampagne evaluiert und einen umfassenden Bericht mit dem Programmplan CleanCare für das Bundesamt für Gesundheit erarbeitet. Die Evaluation zeigte, dass die Medienpräsenz, die einheitlichen Empfehlungen und Erhebungen, die Unterstützungsmaterialien und das grosse persönliche Engagement der Kampagnenzentrale sowie vieler Fachpersonen zur erfolgreichen Umsetzung beigetragen haben. Insgesamt war der Gesamtaufwand für die Kampagne doppelt so hoch wie ursprünglich ausgewiesen. Der Aufwand in den Spitälern wurde anfangs ebenfalls unterschätzt. Die rollende Planung erforderte Improvisation und Flexibilität und erschwerte die Arbeit in den Spitälern.
Innerklinische Transporte
Patiententransporte gehören zur täglichen Arbeitsroutine jedes Spitals. Diese sind aber quasi das schwächste Glied in der Kette, den während ihnen kommt es oft zu Unterbrüchen der Überwachung und Behandlung. Innerklinische Transporte sind somit ein zusätzlicher Stressfaktor und bergen Gefahren für die Patienten. Daher ist jede Transportindikation und der Nutzen der geplanten Massnahme der zusätzlichen Gefährdung für den Patienten gegenüber-zustellen und abzuwägen. Patientensicherheit Schweiz identifizierte hier Handlungsbedarf und hat Empfehlungen für den innerklinischen Patiententransport von kritisch kranken Patienten entwickelt und publiziert.
Hotspot-Befragung in Spitälern
Patientensicherheit Schweiz hat 2006 im Rahmen des CIRRNET-Projektes eine zweistufige Befragung bezüglich Hotspots in Schweizer Spitälern durchgeführt. In einer ersten Runde wurden ausgewählte Experten befragt. Diese erste Auflistung von Problemfeldern aller Art wurde zu einem Fragebogen mit 29 Grob- und 109 Subkategorien ausgearbeitet und in einem zweiten Schritt an Spitaldirektoren und Qualitäts- und CIRS-Beauftragte von 36 Spitälern versandt. Mit den Ergebnissen dieser Befragung verfügt die Stiftung Patientensicherheit Schweiz über eine pragmatische expertengestützte Sammlung überregional relevanter Problemfelder in den Spitälern.
Drug Event Monitoring
In den Jahren 2009-2010 lief das Projekt «Drug Event Monitoring», wobei zu Beginn mit Swissmedic Grundlagen für eine Datenerhebung erarbeitet wurden. Während dieser Indikatorenentwicklung zeigte sich, dass unterschiedliche Ansprüche an das Projekt bestanden. Daher wurde das Projekt seitens der Stiftung sistiert. Patientensicherheit Schweiz startete danach mit dem Pilotprogramm «progress! Sichere Medikation an Schnittstellen» ein praxisbezogenes Folgeprojekt.
Risk Management in Spitälern
Im Jahr 2007 begleitete die Stiftung zusammen mit dem BAG, der FMH, dem SBK und H+ die ETH und die Fachhochschule Zentralschweiz bei der Realisierung eines Forschungsprojekts zur Generierung von empirischen Grundlagen im Bereich des klinischen Risk Managements und der Fehlermeldesysteme.
Look Alike Sound Alike
Eine gemeinsamen Arbeitsgruppe der Stiftung Patientensicherheit Schweiz, des Vereins der Schweizerischer Amts- und Spitalapotheker und der pharmazeutischen Industrie haben Empfehlungen bezüglich Verwechslungen von Arzneimitteln aufgrund ähnlich klingender Bezeichnungen (Sound alike) und ähnlich aussehender Verpackungen (Look alike) erarbeitet. Diese Arten von Fehlern sind ein bedeutendes Problem der Medikationssicherheit. Die Empfehlungen flossen in die aktuelle Revision der Arzneimittelzulassungsverordnung von Swissmedic mit ein und wurden von der Pharmaindustrie aufgenommen.
- Arbeitspapier «Sound alike - Look alike»
- Gemeinsame Empfehlungen
- Vermeidung von Verwechslungen bei der Primärverpackung und Beschriftung fester Arzneimittelformen
- Vermeidung von Verwechslung bei der Primärverpackung und Beschriftung flüssiger Arzneimittelformen
- Vermeidung von Verwechslungen wegen ähnlich aussehender Arzneimittel-Verpackungen und -Beschriftungen (Look alike)
- Vermeidung von Verwechslungen wegen ähnlich klingender Arzneimittelbezeichnungen (Sound alike)
- Im Rahmen der Arbeiten wurde eine Liste mit Sound alike und Look alike-Kombinationen erstellt. Die Liste von 2012 ist auf Anfrage auf Deutsch und Französisch erhältlich.
Grundlagenbericht Langzeitpflege
Patientensicherheit Schweiz hat mit dem Projekt «Patientensicherheit in der Langzeitpflege» wesentliche Besonderheiten und Themenbereiche der Patientensicherheit im Bereich der Langzeitpflege aufgearbeitet. Der Bericht fasst die mit einer Expertengruppe in zwei Roundtable-Diskussionen erarbeiteten wichtigsten Ergebnisse z usammen. Es zeigt sich, dass Patientensicherheit in der stationären wie auch in der ambulanten Langzeitpflege ein Thema von hoher Priorität ist, welches in der Schweiz noch mehr Beachtung finden sollte. Die Langzeitpflege weist zentrale Merkmale auf, beispielsweise heterogene Organisationsformen und zunehmend komplexe Patientensituationen, die für die Sicherstellung der Patientensicherheit von Bedeutung sind. Eine Erhöhung der Patientensicherheit ist insbesondere in den vier zentralen Themenbereichen Prozesse, Personal, bauliche Gegebenheiten und Sicherheitskultur möglich.Der vorliegende Bericht soll Stossrichtungen für national koordinierte Lösungen vorgeben und Entscheidungsträger und Fachpersonen aus der Praxis dazu anregen, in einen Dialog zu treten und beispielsweise im Rahmen von Arbeitsgruppen oder einer nationalen Fachveranstaltung gemeinsam konkrete nächste Schritte zu definieren.